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Sprache empfinden: Was wir der KI voraushaben

Müssen Textschaffende die Maschinen fürchten? Gegenfrage: Warum sollten wir? Die Programme verfügen über bemerkenswerte Fertigkeiten. Aber von der Faszination der Wörter und den Freuden der Sprache wissen sie nichts. Und auch nichts von den Glücksgefühlen beim Schreiben.

Von Künstlicher Intelligenz (KI) und ihren Fähigkeiten haben wir schon länger einen Begriff. Doch nun sitzen sie plötzlich mit an der Tastatur und dienen sich uns an: Digitale Schreibwerkzeuge wie ChatGPT oder DeepL Write sind kostenlos für alle zugänglich, zumindest in der BETA-Phase. Und so bespielen wir die Maschinen – jetzt, wo sie schon mal in der Welt sind.

Zwischen Staunen und Kränkung

Es ist verführerisch und immer noch ein wenig unheimlich. Im Handumdrehen werfen die Programme Texte aus, machen Vorschläge für Überschriften und verbessern unermüdlich unsere Formulierungen. Ja, einen Tick zu routiniert und etwas streberhaft klingt oft das Ergebnis. Originalität? Stilistische Überraschungen? Fehlanzeige. Grammatik und Zeichensetzung dagegen beherrschen die Bots nahezu perfekt und besser als viele Menschen.

Ungeachtet ihrer Unzulänglichkeiten müssen wir uns eingestehen: Was wir gerade erleben, ist ein Epochenbruch des Schreibens. Mit dem Können und der Produktivität der KI zum ersten Mal konfrontiert zu werden — das versetzt wohl jedem Kreativmenschen einen Stich.

Triumph des Schöpferischen

Dennoch: Es gibt keinen Grund, im Angesicht der neuartigen Konkurrenz zu resignieren. Im Gegenteil, die KI öffnet uns die Augen für die Einzigartigkeit unseres schöpferischen Tuns.

Denn das ist und bleibt der Triumph des textschaffenden Menschen über die Maschine: ChatGPT, DeepL Write und Konsorten wissen nichts von der Schönheit und Sinnlichkeit der Sprache, ihrem Nuancen-Reichtum und ihren feinen Zwischentönen. Die Maschinen haben keine Vorstellung von dem Witz und der Doppelbödigkeit, die in bestimmten Wörtern und Wendungen stecken. Sie verfügen über kein Bewusstsein dafür, dass Sprache uns umgarnen, aufwühlen oder trösten kann.

Die Maschinen kennen auch nicht das Glücksempfinden, wenn sich in deinem Denkapparat endlich der perfekte Ausdruck formt. Solche menschlichen Kategorien sind ihnen fremd.

Die KI führt aus und fertigt an. Was sie hervorbringt, fußt auf Wahrscheinlichkeitsrechnung, ist in Sprache gekleidete Mathematik. Keine Frage: Die KI imitiert uns gut. Sie erkennt linguistische Muster und fabriziert aus gigantischen Datensätzen Inhalte, die auch ein durchschnittlich begabter Mensch verfasst haben könnte.

Aber das Wesentliche, das einem Text Leben einhaucht, beherrscht die KI nicht: Sie kann die Sprache nicht fühlen, nicht ihre Wucht und Zartheit spüren, sich nicht von ihr anrühren lassen.

Das können nur wir.


Foto via Unsplash

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