Es ist Krieg. Wie schnell erscheinen da alle Vokabeln abgenutzt und stumpf. Was kann das Wort noch ausrichten?
„Wie gehen wir mit dem Ukraine-Krieg um? Müssen wir das Thema nicht auch irgendwie erwähnen? Oder wirkt das aufgesetzt?“ Auf diese Fragen gibt es keine Patentantworten. Das offensive Statement wie auch die bewusste Zurückhaltung – beides kann in diesen Tagen vor den Kopf stoßen. Der Grat zwischen allzu routinierter Phrase und ignoranter Geschäftigkeit ist schmal in der professionellen Kommunikation. Und doch kann man ihn ausloten.
Denn wie in jeder Welt- und Lebenslage steht uns auch jetzt ein unverbrüchliches Utensil zur Verfügung: unsere Sprache. Sie vermag alles auszudrücken: Bestimmtheit und Zögerlichkeit, Anklage und Mitgefühl, Überzeugung und Zweifel.
Sprache kann Fakten benennen, sie kann präzise und nüchtern informieren; und sie kann den Zwiespalt, die Zerrissenheit, die Unschärfen ansprechen. Sprache kann und darf Unsicherheiten und Widersprüchlichkeiten im eigenen Kommunizieren offenlegen. Und sogar das kann Sprache: der Sprachlosigkeit Ausdruck verleihen. Paradox.
Wird in Ausnahmezuständen wie diesen die öffentliche Arena geflutet mit ähnlich lautenden Bekundungen und Appellen, bewirkt manchmal das einzelne Wort den Unterschied. Es geht dabei nur vordergründig um die bessere oder originellere Verpackung von Botschaften. Spracharbeit ist Fühl- und Denkarbeit. Das Fahnden nach den passenden Wörtern, das Ringen mit den Sätzen hilft, Gedanken, Empfindungen, Haltungen zu sortieren und das Wesentliche freizulegen.
Sprache kann die Welt nicht retten. Aber sie besitzt die erstaunliche Fähigkeit, das Dasein auch in seinen dunkelsten Schattierungen zu fassen. Immerhin.
Foto: Marjan Blan (Kyiv) via Unsplash
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