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Metaphern: Die Macht der Sprachbilder

Eine bildreiche Sprache hilft, Abstraktes greifbar zu machen und das Gemeinte besser zu verstehen. Je ungewöhnlicher die Metapher, desto größer der Funkenflug im Gehirn.  

„Sie sind die Krampfadern der Stadt, die Blutvergiftung der Metropolen, die Migräne des schönen urbanen Lebens.“ — So eröffnete die Süddeutsche Zeitung vor einigen Jahren einen Text über die städtebauliche Problematik vielspuriger Autostraßen.

Eine Einleitung mit Karacho, die mir bis heute im Gedächtnis haften geblieben ist. Wann immer ich in Hamburg oder einer anderen Großstadt eine dieser elendigen Magistralen kreuze, muss ich an die „Krampfadern“ aus der Süddeutschen denken.

Metaphern sind mächtig. Vor allem, wenn sie noch unverbraucht sind.

Untersuchungen aus der Linguistik und Hirnforschung zeigen: Metaphern, deren Bildhaftigkeit durch häufigen Gebrauch verblasst ist, winkt unser Sprachzentrum einfach durch; sie folgen den Trampelpfaden der übrigen Wörter.

Anders verhält es sich mit metaphorischen Neuschöpfungen. Die bringen unseren Denkapparat ordentlich auf Trab. Um ein unbekanntes Sprachbild zu entschlüsseln, werden zusätzliche Hirnareale aktiviert. Die grauen Zellen müssen sich eifrig verdrahten und untereinander Verständnis-Brücken bauen, damit sie der Bedeutung auf die Spur kommen.

Erfrischende Wortwahl

Ungewöhnliche Metaphern sind also wie Kraftsport für den Denkmuskel. Und vielleicht deshalb so einprägsam?

Ich bin keine Wissenschaftlerin. Aber ich beobachte an mir selbst, dass mein Gehirn äußerst empfänglich ist für unkonventionelle Sprachbilder. Wenn sie ab und zu auch den Weg in die Wirtschaft finden – umso besser. Der Hochsprache des Managements tut Abwechslung gut. 

Denn wer kann sie noch hören, die mehligen Metaphern à la „low hanging fruits“? Da lob ich mir den Strategiechef von SAP, Sebastian Steinhäuser. Der wurde im vergangenen Jahr in einem Artikel der F.A.Z. mit der Äußerung zitiert, man wolle „kein geschlossener Garten mehr sein“. Ein erfrischendes Motiv für einen Softwarekonzern, dem mangelnde technologische Offenheit vorgeworfen wird.

Um im Bild zu bleiben: Speisen Sie Ihr Publikum nicht mit abgestandenen Metaphern ab. Sondern garnieren Sie Ihre Texte mit neuen, überraschenden Sprachbildern. Sie schmecken dem Gehirn.

Sprachwissen: Das Wort Metapher geht zurück auf metàphérein, was im Griechischen einst den physischen Akt des Weg- und Anderswohintragens bezeichnete. Der Begriff Metapher ist also selbst ein Sprachbild: ein Transportverhikel, das eine ursprüngliche Bedeutung in einen anderen Zusammenhang überführt. 

Foto: Sahand Babali via Unsplash


Dieser Text ist in leicht veränderter Fassung auch auf LinkedIn erschienen.


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